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DDIM Ausgabe 4 - 2015

WISSEN - MANDAT konstruktive und zielgerichtete Kommu- nikationsstruktur jeden Innovationsge- danken für operative Verbesserungen und die dringend nötigen Neuprodukte. Das Potenzial war jedoch deutlich spür- bar. Zügig musste eine Vision, ein Lean- Modell für eine schlagkräftige, schnelle, kunden- und mitarbeiterorientierte Pro- zesslandschaft her. Der IM schlug vor, die Managementebene der Abteilungs- leiter völlig zu eliminieren und die Er- gebnisverantwortung für den Prozess- output (Liefertreue, Qualität, Kosten) in die Hände zweier sog. Prozessbesitzer zu legen. Sellmann teilte dazu den Produk- tionsprozess in die zwei Kern- Herstellprozesse Fließfertigung (stark au- tomatisierte Massenfertigung) und Werkstattfertigung (kundenspezifische Lösungen und Kleinstückzahlen) auf. De- ren Umsatzanteile und Bedeutung waren vergleichbar groß, die logistischen und technischen Herstellprozesse und Pro- dukte jedoch sehr unterschiedlichen Charakters. Aus den acht Abteilungsleitern filterten sich nur zwei heraus, die aufgrund ihrer operativen Erfahrungen aber viel mehr noch durch ihr Verlangen nach Verände- rungen und Verbesserungen dafür ge- eignet erschienen. Sie erhielten in dem Prozessmodell personell und fachlich die Verantwortung für alle Funktionen, wo- durch ein Schwarzer-Peter-Spieleffekt unter Abteilungen vermieden wurde. Die Umsetzung Der konkrete Plan stand, das Change Management flächendeckend an mehre- ren Stellen im Prozess zu beginnen. Der Investor und der lokal verantwortliche Geschäftsführer (GF), der sich nun auf seine Kernkompetenzen Marktauf- bau und Neuproduktentwicklung kon- zentrieren konnte, befürworteten mutig das schlanke Prozessmodell, so dass der IM nach einem Monat schon mit der Umsetzung hätte beginnen können wäre da nicht der gesetzlich mitbestim- mungspflichtige Betriebsrat (BR) gewe- sen. Dessen traditionelle, ideologisch starre Antwort war erschreckend angstvoll und negativ. Zwar bewertete der BR die per- sonellen und betrieblichen Veränderun- gen inhaltlich durchaus positiv wenn auch sehr fremd, wies aber ängstlich auf Fristen und notwendige, einen schnellen Start verhindernde Bürokratie hin. Glückli- cherweise zog der BR seinerseits einen externen Berater hinzu, der den Plan als positiv und notwendig erachtete, aber politisch natürlich seinen direkten Auf- traggeber, den BR, bedienen musste. Diese Zwickmühle löste er geschickt. Nach intensiven Gesprächen mit dem IM befür- wortete er den Umsetzungsstart unter der Maßgabe, alle Veränderungen zunächst als – nicht mitbestimmungspflichtige – Projektarbeiten zu deklarieren. Die gewonnenen Erfahrungen begleiteten GF, IM und BR paritätisch in engster Kommunikation anhand eines gemeinsam verabschiedeten Eckpunktepapiers. Dieser konstruktive Ansatz führte zu lediglich vier Wochen politischer Arbeit, in denen schon operativ in sehr kleinen Schritten vorberei- tend an Veränderungen gearbeitet wurde. Diesen Weg der kleinen Schritte, nachvoll- ziehbar für alle Beteiligten, setzte Sellmann fort, indem er Bottom-up etliche Verbesserungsprojekte startete. Die Ba- sismitarbeiter fühlten sich ernst genom- men, nachdem der GF auch offiziell ver- kündete, dass der Overhead ihnen in der Umsetzung des KVP zu „dienen“ habe. Diese Overhead-Mitarbeiter zogen aus vormals weit auseinander liegenden Büros in ein Produktionsbüro und konnten so auf kürzestem Wege zielgerichtet kom- munizieren. Mit Methoden wie Kaizen und FMEA und meist von direkten Mitarbeitern angestoßen startete das Unternehmen über 30 KVP-Projekte an Produkten und Prozessen. Manch ein „Aha-Effekt“ z. B. im Engineering oder der Produktionssteue- rung tauchte auf. Die beiden Prozessbesitzer hatten alle Hände voll zu tun, den neu entstandenen Verbesserungsdrang zeitlich und kapazitiv durch Priorisierung zu managen. Leicht verständliche, neu entwickelte Prozess- kennzahlen und Zielvereinbarungen dien- ten zur Orientierung und Motivation bei der Frage: „Was bringt das Alles?“. Mit Führungstrainings und Einzel-Coach- ings formte der IM zielgerichtet die bis- lang als Schlüsselprozess missachtete Führungskultur des Standortes. Auch hierbei ging Sellmann sowohl Bottom-up als auch Top-down vor. Das Ergebnis Alle Aktivitäten legte der IM als nach- haltig wirksame Vorbereitung für den erfolgreichen Einstieg eines auf Dauer extern gesuchten COOs an: Beherzte Zerschlagung ungeeigneter Prozesse und neue Strukturen als zukunftswei- sende Basis. Nach nur 6 Monaten übergab Wilfried Sellmann in einer feierlichen Verab- schiedung eine sehr schlanke Neuor- ganisation mit einer messbaren Pro- duktivitätssteigerung von über 9 % (bei weiterem zweistelligen Potenzial), einer vom Eigentümer gewollten Vision und einer Umsetzungs-Roadmap voller begonnener KVP-Projekte an den nachfolgenden COO. Fazit Made in Germany - Mission is possible! Wilfried Sellmann ist seit 2013 als Inte- rim Manager u. a. für HANSE Interim aktiv. Mit seiner über 25-jährigen Erfahrung im technischen Management lokaler mittel- ständischer Unternehmensstrukturen bei international agierenden Konzernen oder in großen Familienunternehmen liegt seine Kernkompetenz in der nachhaltigen Prozessoptimierung und Entwicklung von Produktionsstandorten. Wilfried Sellmann WWW.DDIM.DE INTERIM MANAGEMENT MAGAZIN | 43

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