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DDIM Ausgabe 4 - 2015 - Turnaround in China. Was man beachten sollte.

WISSEN - MANDAT Text: Rainer Kordes Ich werde immer wieder nach spezifi- schen Erfolgsfaktoren für Turnaround in China gefragt. Da ich mir nicht sicher war, ob es überhaupt welche gibt, habe ich mir mit Bezug auf einen konkreten Sanierungsfall 2014 in China sowie früheren beruflichen Stationen in Asien ein paar Gedanken gemacht. Big Picture China Im Umfeld und in den Menschen dürf- ten die wesentlichen Unterscheidungs- kriterien von Veränderungsprozessen in verschiedenen Wirtschaftsräumen lie- gen. Um das Umfeld China zu verste- hen, seien hier zu Umfeld einige Unter- scheidungskriterien genannt: 1.Bis vor kurzem kannte man in China nur einen Weg: nach oben. Erfahrun- gen mit schmerzlichen Veränderungen in Unternehmen oder in der eigenen Karriere sind Mangelware. Rasches Wachstum verzieh so manchen Fehler, verleitete aber auch oft zu nicht fun- dierten Investitionsentscheidungen, die in der laufenden Konsolidierungs- phase vielen Unternehmen in einigen Sektoren zu schaffen macht. 2.Die bis 1976 wütende Kulturrevolution hinterließ eine „lost generation“ der nun 50 und 60 Jährigen, die viele Fir- mengründer, darunter auch viele Part- ner (Händler) in ihren Handlungen prägt. Diese erste Generation hat kraft ihrer eigenen Erfahrung viel Verständ- nis für rasches Improvisieren statt Schulbuchszenarien, hegt aber (mit Blick auf Punkt 1) auch hohe Erwar- tungen an schnelle Resultate. 3.Hierarchisches Denken sowie ein Mangel an Bereitschaft, Verantwor- tung zu übernehmen, sind eher ein traditionelles Erbe, das in vielen Be- trieben und im Staatsapparat noch reichlich vorhanden ist. Die rasche Öffnung der Wirtschaft seit 1980 be wirkte zudem eine Schwächung der traditionellen Wertschätzung von Lo- yalität und eine Stärkung von monetär getriebenen Denken und Handeln. Ich selber habe immer auf eine hohe Loyalität bauen können, aber die Er- fahrungen können branchen – und konjunkturbedingt unterschiedlich ausfallen. 4. Beziehungen spielen wie in vielen anderen Kulturen eine große Rolle. Die Chinesen leben viel intensiver in Gruppen einer gemeinsamen Identi- tät: aus der gleichen Stadt, von der gleichen Universität (mein Schwager trifft sich jedes Jahr mit seinen Kolle- gen, die noch dazu zu einem großen Teil der gleichen Branche angehören), vom gleichen Chef eingestellt usw... Privates und Berufliches wird weniger streng oder kaum getrennt, Gruppen- zusammenhalt und- loyalität sind da- durch stark. 5. Der Stakeholder Staat und Partei ist allgegenwärtig und vor allem auf lo- kaler Ebene auch für ausländische Unternehmen relevant. Moralisches „Gerecht“ ist wichtiger als rechtens oder legal, was auf allen gesell schaftlichen Ebenen Einige dazu ver- leitet, sich ein Selbstbedienungsrecht für ihre Zwecke zurechtzuschneiden, vor allem gegenüber ausländischen Unternehmen. Vorbereitung Veränderungsprozesse entscheiden ihren Erfolg in der Vorbereitungsphase (pre-start). Das gilt vor allem für China. Sich der Unterstützung der Stakeholder und vor allem des Rückhaltes der Eigen- tümer zu sichern, versteht sich. Aber angesichts von Maßnahmen, die 10000 km weit entfernt durchgeführt werden, erfordert dies einen sehr hohen kom- munikativen Aufwand. Ist der Projektlei- ter auch der amtierende Geschäftsfüh- rer, empfiehlt es sich auf jeden Fall ein Vorstandsmitglied oder eine andere Vertrauensperson der Unternehmens- führung als Sparringspartner einzuset- zen, der auch oft vor Ort präsent ist. Dadurch ist wichtige Kontinuität nach außen und innen gewahrt und dem Projektleiter gegenüber dem Mutter- haus sowie den lokalen Mitarbeitern der Rücken gestärkt. Eine detallierte Analyse der informellen Netzwerke und der Erstellung einer „social mindmap“ zu Beginn eines Pro- zesses habe ich mir angeeignet. Die Erkenntnisse aus ihr beschleunigen Änderungen in den Strukturen, ermögli- chen eine gezielte Zusammenstellung von Teams sowie schnelle und nachhal- tige Personalentscheidungen. Die Er- kenntnisse sollten zu Beginn der Umset- zungsphase zur Verfügung stehen. Die vorhandene Leistungsbewertung im Unternehmen sollte auf ihre Wirksam- keit und Bewertungskriterien unter- sucht und ggf auf die Liste der ersten Maßnahmen gesetzt werden. Denn ohne motivierte Soldaten nützt die beste Strategie nichts. Es empfiehlt sich auch, eine der Liste derjenigen Mitarbei- ter anzulegen, deren Arbeitsverträge in den kommenden 6 Monaten auslaufen, um Kündigungen oder Versetzungen rechtzeitig einzuleiten. Kündigungen laufender Verträge werden in China mit hohen Abfindungen bestraft. Vergessen Sie bei all dem Verändern nicht das Kontinuum: Vertrieb und Pro- duktion müssen laufen! In den wenigs- ten Unternehmen in China läuft der Vertrieb selbsttätig, sondern zieht am schnellsten seine eigenen Schlüsse aus einem Vakuum, vor allem in Zeiten schlechter Geschäftsentwicklung oder entwickelt seine Nebeneinnahmen. Oft unterschätzt werden die psychologi schen Auswirkungen eines vertrieblichen Abschwungs auf die Mit- arbeiter der Fertigung. Change- Manager, die vertrieblich vorbelastet sind, werden sich leichter tun, denn die Forderung bedeutet eine intensive Involvierung in Vertriebsthemen und Markt von Tag 1 an. Achten Sie darauf, dass die Top-Beziehungen (Kunden. Lieferanten) rasch in Ihren Händen sind. So erhalten Sie nicht nur eine schnelle und fundierte dritte Meinung zu den wesentlichen Probleme, sondern sichern auch die Beziehungen dem Unterneh- men. 44 | INTERIM MANAGEMENT MAGAZIN Turnaround in China. Was man beachten sollte.

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