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DDIM Ausgabe 2 - 2015

WISSEN - RECHT Liegt keine Pflichtverletzung (gegen- über der Gesellschaft) durch den Vor- stand vor, kann der Aufsichtsrat be- schließen, die Geldstrafe, Geldauflage oder Geldbuße zu übernehmen. In die- sem Fall ist die Einholung einer Zustim- mung durch die Hauptversammlung nicht notwendig. Liegt eine Pflichtverletzung (gegenüber der Gesellschaft) durch den Vorstand vor, so bedarf die Übernahme der Straf- sanktion durch die Gesellschaft der Zu- stimmung durch die Hauptversamm- lung gemäß § 93 Abs. 4 S. 3 AktG. Es ist ein entsprechender Hauptversamm- lungsbeschluss einzuholen, für den die Grundsätze des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG gelten. Eine alleinige Entscheidung durch den Aufsichtsrat ist nicht ausrei- chend. Die Zustimmung der Hauptversamm- lung zur Übernahme der Strafsanktion kann erst drei Jahre nach der Entste- hung des Anspruches (gemeint ist der Anspruch der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied aufgrund pflichtwid- rigen Verhaltens) eingeholt werden (Sperrfrist von drei Jahren). Dies dürfte sich in der Praxis als problematisch er- weisen. Rechtshandlungen vor Ablauf der Sperrfrist sind unwirksam. Bis zum Ablauf der Sperrfrist kann der Aufsichts- rat somit nur eine vorläufige Regelung mit dem Vorstandsmitglied treffen, zum Beispiel durch Gewährung eines Kos- tenvorschusses oder eines (rückzahlba- ren) Darlehens. GmbH-Geschäftsführer Die vorstehend dargelegten Grundsätze gelten für Vorstände einer Aktiengesell- schaft, nicht jedoch ohne weiteres für GmbH-Geschäftsführer. Eine generelle Freistellung von Geldbußen im Vorfeld dürfte – wie bei Schadensersatzansprü- chen – nicht zulässig sein. Möglich ist unter Umständen eine Freistellung bei nur fahrlässig begangenen Ordnungs- widrigkeiten. Bei einer Erstattung im Nachhinein sollte zur Sicherheit ein Ge- sellschafterbeschluss eingeholt werden. Schutz durch D&O Versicherung Unabhängig von der Frage der Über- nahme von Strafsanktionen durch die Gesellschaft ist Organmitgliedern eine möglichst umfassende Absicherung im Rahmen einer D&O Versicherung anzu- raten. Es sollte anhand der Ver- sicherungsbedingungen geprüft wer- den, unter welchen Voraussetzungen die Versicherung zumindest die Rechts- verteidigungskosten im Rahmen eines Straf- oder Ordnungswidrigkeiten- verfahrens übernimmt. Die Erstattung von Geldstrafen oder Geldbußen ist in der Regel im Rahmen einer D&O Versi- cherung ausdrücklich ausgeschlossen. Zudem kann zusätzlich der Abschluss einer Strafrechtsschutzversicherung anzuraten sein. Übernahme von gegen (sonstige) Ange- stellte verhängten Geldbußen / Geldstrafen durch die Gesellschaft Für die Übernahme von gegen (sonsti- ge) Angestellte gerichteten Geldbu- ßen/Geldstrafen durch das Unterneh- men gelten die vorstehend dargelegten aktienrechtlichen Grundsätze nicht. Insoweit sind jedoch zivilrechtliche und strafrechtliche Gesichtspunkte zu beach- ten. Vorherige Erstattungszusagen durch das Unternehmen Diesbezüglich sind die sich aus §§ 134 BGB (Nichtigkeit wegen Verstoßes ge- gen ein gesetzliches Verbot), 138 BGB (Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit), 276 Abs. 3 BGB (Erlass der Haftung für vor- sätzliches Handeln im Voraus nicht möglich) ergebenden Schranken zu beachten. Eine vorherige Erstattungszusage kann nach § 134 BGB nichtig sein, wenn sie als (psychische) Beihilfe zu einer vor- sätzlichen Tat angesehen werden kann. Dies dürfte jedoch in den allermeisten Fällen ausscheiden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 25.01.2001 (NJW 2001, 1962) entschieden, dass Zusagen des Arbeit- gebers über die Erstattung von etwai- gen Geldbußen für Verstöße der Arbeit- nehmer gegen Vorschriften über Lenk- zeiten im Güterfernverkehr sittenwidrig und daher nach § 138 BGB nichtig sind. Es wird zudem die Auffassung vertreten, dass eine Vereinbarung, durch die ein Angestellter von der Zahlung einer Geldbuße oder Geldstrafe im Voraus freigestellt werden soll, nur wirksam ist, wenn es sich um eine fahrlässig began- gene Tat handelt. Erstattungszusagen für vorsätzliche Taten sind dann nichtig. In strafrechtlicher Hinsicht sei festgehal- ten, dass der BGH in seinem Urteil vom 08.07.2014 nochmals ausdrücklich klar- gestellt hat, dass die Zahlung einer Geldstrafe durch die Gesellschaft weder den Tatbestand der Begünstigung noch der Strafvereitelung erfüllt. Der BGH hat sich in dem vorgenannten Urteil jedoch nicht mit dem Tatbestand der Untreue, § 266 StGB befasst. Nachträgliche Erstattung Bei einer (freiwilligen) nachträglichen Erstattung von Geldbußen/Geldstrafen gelten – soweit ersichtlich - die vorste- hend dargestellten zivilrechtlichen Ein- schränkungen nicht. Vor diesem Hinter- grund sollte daher auch eine Erstattung von Geldbußen/Geldstrafen möglich sein, die auf vorsätzlichen Taten beru- hen. Auch hier gilt, dass die Zahlung einer Geldstrafe durch die Gesellschaft weder den Tatbestand der Begünstigung noch der Strafvereitelung erfüllt (s.o.). Der BGH hat allerdings am 07.11.1990 (BGH NJW 1991, 990) entschieden, dass die nachträgliche Erstattung einer Geldstra- fe durch den Verbandsvorsteher eines öffentlichen Abwasserverbandes als Untreue zu werten ist. Soweit ersichtlich, ist unklar, ob der BGH auch im Falle eines privatrechtlichen Unternehmens in diesem Sinne entscheiden würde. Es empfiehlt sich jedenfalls, vor der Vor- nahme einer entsprechenden Erstattung eine entsprechende Prüfung durch einen Strafrechtsexperten vornehmen zu lassen. Empfehlung Da die Rechtslage insgesamt kompliziert und teilweise auch unübersichtlich ist, empfiehlt sich vor der Gewährung einer Zusage an die Arbeitnehmer bzw. vor einer etwaigen nachträglichen Erstat- tung stets eine Prüfung im konkreten Einzelfall, um das Risiko der eigenen Haftung für die jeweils handelnden Organmitglieder zu minimieren bzw. weitgehend auszuschließen. Entspre- chendes gilt für Erstattungen gegenüber Vorstandsmitgliedern oder Geschäfts- führern. Fallgestaltung 2 Sachverhalt Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Teilurteil vom 20.01.2015 – 16 Sa 459/14) hat sich mit der Frage befasst, WWW.DDIM.DE INTERIM MANAGEMENT MAGAZIN | 55

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